Komplexe Geschichte Schlesiens gestreift
Vor der Kirche mit dem Gnadenbild in Tschenstochau war Gelegenheit für ein Gruppenfoto.
Pfarrei Chammünster unterwegs in Südpolen – Vielfalt der Region erfahren
Polen ist ein katholisches Land. Das bekamen rund 40 Teilnehmer einer Fahrt der Pfarrei Chammünster in der Woche nach Ostern immer wieder zu spüren, als sie Schlesien erkundeten und viele wunderbare Orte kennenlernten. Besonders beeindruckend waren dabei die unzähligen Schulklassen, aber auch Rekrutengruppen, die im berühmten Wallfahrtsort Tschenstochau die Schwarze Madonna verehrten, andächtig und ohne Handy-Ablenkung. Diese besondere Stellung der Kirche in Polen erklärte eine Führerin mit deren Rolle in Zeiten des Nationalsozialismus und dann des Kommunismus, als die Kirche der einzige Ort war, in dem man Opposition betreiben konnte. Bezeichnend für diese bei uns undenkbare Position der katholischen Kirche in Polen ist eine Statue von Papst Johannes-Paul II., die der Staat noch zu Lebzeiten des polnischen Papstes in Breslau errichten ließ.
Doch neben dieser außergewöhnlichen Bindung des Volkes an die Kirche bekamen die Minstacher Besucher noch unheimlich viele Eindrücke von einem europäischen Land, das in seiner ganzen Geschichte eigentlich kaum selbstständig war und fast immer unter fremder Herrschaft stand. Damit aber auch eine eigenständige Kultur entwickelte, die aus halb Europa Einflüsse aufnahm. Und in Südpolen hatte sich die Volksgruppe der Schlesier eine eigene Sprache bewahrt, die zwar ursprünglich deutsch war, aber Elemente aus dem Polnischen und Tschechischen aufgenommen hat. So wollen die Schlesier nicht als Deutsche gelten und nicht als Polen.
Dass die Kultur aber eng mit der unseren verwandt ist, konnten die Reisenden in einem Dorf sehen, als sie dort das Heimatmuseum besuchten, das die rührige Dorfgemeinschaft in einem riesigen früheren Getreidespeicher eingerichtet hat, der zu einem gewaltigen Gutshof gehört hatte. Dieses Dorf hätte die Reisegruppe wohl nie besucht, hätte nicht der Hans Stöger, der die Fahrt angeregt und mit organisiert hatte, dort einen Kollegen, der Ansprechpartner von Stögers Firma in Polen ist und die Gruppe aus Bayern eine Zeit lang begleitete.
Doch zunächst führte die Fahrt viele Stunden in einem zum Glück sehr komfortablen Bus der Firma Baumgartner über Pilsen, Prag und Königgrätz hinauf zum Erzgebirge, wo es zum Teil auf schmalen Straßen mit unheimlich viel Lkw-Verkehr – der die ganze Reise zu beobachten war – hinüber nach Polen ging, vorbei am Ort Neiße Richtung Oppeln, dem ersten Reiseziel.
Leider bremste noch ein Unfall auf der Strecke die Reisenden eine ganze Stunde aus, so dass die abendliche Stadtführung ein wenig kürzer wurde, aber sehr informativ war, da die junge Führerin es bestens verstand, die komplexe Geschichte Schlesiens relativ verständlich zu erklären und an einigen markanten Punkten in der Stadt festzumachen. Etwa dem Freiheitsdenkmal aus schlesischem Zement, das der dritten Volksabstimmung gewidmet ist, in der sich Oberschlesien zu Polen bekannte. Oder das heute unscheinbar erscheinende Verwaltungsgebäude der oberschlesischen Woiwodschaft (Bundesland), das Anfang des 20. Jahrhunderts mit seinen vielen Fenstern und auch Paternostern revolutionär war. Interessant auch die Franziskanerkirche, in der eine gotische Grabkapelle des Geschlechts der Piasten ist. Einige der Reisenden gönnten sich am Abend noch eine kleine Auszeit in einem der hübschen Straßencafés in der Altstadt.
Am nächsten Morgen ging es nach Tschenstochau, dem großen Marienwallfahrtsort mit dem berühmten Gnadenbild der Schwarzen Madonna, die durch Schwerthiebe schwedischer Soldaten tiefe Striemen auf der rechte Wange hat. Obwohl mitten unter der Woche karrten zahllose Busse Pilger auf den Berg, wie gesagt vor allem Schüler und Rekruten. Die dortige Führerin erklärte den Zustrom Jugendlicher damit, dass diese in zwei Wochen Abitur machen und noch schnell den Segen Gottes holen wollten. Den nahmen auch die Minstacher Pilger mit, bevor es zurück nach Oppeln ging, wo ein Abendspaziergang interessante Bilder lieferte.
Auch am Donnerstag wurde eine berühmte Wallfahrtsstätte Schlesiens angesteuert, der St.-Annaberg. Diese Stätte, die auf einem erloschenen Vulkan ruht, war nicht so überlaufen, eher beschaulich. So bot sich die Gelegenheit, dass Pfarrer Sebastian Scherr nach einer wieder sehr informativen Führung durch die Führerin aus Oppeln in der Wallfahrtskirche eine Messe mit der Gruppe feiern konnte. Rund um den Gipfel sind eine ganze Reihe kleiner Kapellen entstanden und auch eine Lourdes-Grotte wurde errichtet, bei der man im Freien Gottesdienste mit vielen Hundert Menschen feiern kann. Und noch eine Stätte ist in der Nähe gebaut worden: Die Nazis wollten als Gegenpol zum Wallfahrtsort eine germanische Huldigungsstätte errichten und bauten in einem ehemaligen Steinbruch ein Amphitheater mit einer Art Heldenaltar gegenüber. Vor Jahren fanden dort Rockkonzerte und Theateraufführungen statt, jetzt verfallen die Sitzreihen.
Am Nachmittag ging es in das oben erwähnte Dorf Brozec mit dem Heimatmuseum und anschließend in ein Gasthaus, das „Bavaria“ heißt, wo es in einem großen Saal Kaffee und Kuchen gab. Auf der Weiterfahrt nach Breslau verließ das bisher herrliche Wetter die Reisenden und in der Nacht begann es zu regnen. So wurde der Stadtrundgang am nächsten Vormittag in eine Rundfahrt geändert, doch so konnten die Gäste noch mehr sehenswerte Bereiche der Stadt erkunden. Besonders geschichtsträchtig ist dabei die Dominsel in der Oder, die heute noch der katholischen Kirche gehört. Doch auch die Jahrhunderthalle, bei ihrem Bau mit ihrer riesigen Kuppel aus Stahlbeton ein Weltwunder, oder der Marktplatz mit den alten Patrizierhäusern rund um den Rathausblock sind sehenswert. Auf diesem Platz konnten die Reisenden ihre letzten Zloty beim Mittagessen ausgeben, wobei die meisten mit Scheckkarte bezahlten, selbst kleine Beträge.
Danach ging es wieder heimwärts, diesmal über Chemnitz und Dresden und dann runter über Hof nach Chammünster. Viel hatten die Pfarrmitglieder erlebt und teils neue Freundschaften geschlossen. Ein Dank galt den Organisatoren vom Reisebüro und dem Stöger Hans sowie dem Busfahrer, der auch bei beängstigend engen Straßen und permanentem Lkw-Gegenverkehr die Ruhe bewahrte und auch seinen Humor nicht verlor.
Der Dorfverein Brozec (links zwei Mitglieder) hat einen Teil eines großen alten Gutshofes wunderbar restauriert und im früheren Getreidespeicher ein Heimatmuseum eingerichtet
In der Wallfahrtskirche auf dem St.-Annaberg durfte Pfarrer Sebastian Scherr mit seiner Reisegruppe einen Gottesdienst feiern.
Im Dom von Breslau, nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut, hängen die Fahnen der 16 polnischen Woiwodschaften.
Das Freiheitsdenkmal in Oppeln berichtet vom Anschluss Oberschlesiens an Polen. Die gelb-blaue Fahne der Führerin ist die Oberschlesiens, nicht der Ukraine.
Kirchenverwaltung
Am Mittwoch traf sich die Kirchenverwaltung nach der Wahl im November zum ersten Mal. Dabei verabschiedeten wir unser langjähriges Kirchenverwaltungsmitglied Niefanger Josef. Er war 12 Jahre Mitglied. Gleichzeitig wurde das neue Mitglied Gebhard Thomas begrüßt und in die Arbeit der Kirchenverwaltung eingeführt. Jürgen Steinkirchner wurde wieder als Kirchenpfleger gewählt.